Dashcam – zwischen Datenschutz und Beweisinteresse

Dashcams sind in Osteuropa bereits seit vielen Jahren weit verbreitet und in einer Vielzahl der Fahrzeuge angebracht. Diese On-Board-Kamera erfuhr in Europa in letzter Zeit besonderen Zuspruch und ist gegenwärtig auch vermehrt in Fahrzeugen auf deutschen Straßen vorzufinden.

In Deutschland wirft dieser „Trend“ eine Vielzahl rechtlicher Fragen auf. Die grundsätzliche Zulässigkeit dieser Aufzeichnungen berühren neben dem Datenschutzrecht regelmäßig Fragen über die Verwertbarkeit dieser Aufzeichnungen im Straf- und Zivilprozess.

Datenschutzrecht

Aufnahmen im Dauerbetrieb von sog. On-Board-Kamera oder Dashcam sah das Verwaltungsgericht Ansbach (vgl. DAR 2014, 663-667) als Erhebung personenbezogener Daten gemäß § 3 Abs. 1 BDSG an. Dies sei damit zu begründen, dass zwar keine individuelle Person tatsächlich direkt erfasst werden würde, jedoch aufgrund der Aufschriften am Kraftfahrzeug die Person zumindest bestimmbar wäre.

Dabei greife die Ausnahme des § 27 Abs. 1 Satz 2 BDSG grundsätzlich nicht, da die Aufzeichnungen nicht ausschließlich persönlichen und familiären Zwecken dienen, sondern üblicherweise als Beweismittel im straf- oder zivilverfahren eingebracht werden würden.

Auch im Hinblick auf § 6 b BDSG sah das Verwaltungsgericht Ansbach die Aufzeichnungen als rechtswidrig an. Grundsätzlich sei zwar das Interesse des Aufzeichnenden als berechtigtes Interesse anzusehen, da damit die Verteidigung oder der Beweis im Prozess als schützenswertes Interesse erleichtert werden kann; es überwiege jedoch das verfassungsmäßig geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung der erfassten Personen. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Aufzeichnung nicht anlassbezogen erfolgt und die Löschung lediglich in der Hand des Aufzeichnenden lag.

Fazit – Datenschutzrecht

Soweit öffentlicher Raum, bei denen Personen individualisierbar sind (ausreichend u.a. Kennzeichen, Aufschriften) nicht anlassbezogen (dauerhafte Inbetriebnahme), aufgezeichnet wird und die Löschung allein in der Hand des Aufzeichnenden liegt, verletzt dies den Aufgezeichneten in dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Diese Aufzeichnungen sind nach deutschem Datenschutzrecht unzulässig, mithin rechtswidrig.

Verwertbarkeit der Aufzeichnungen von Dashcams im Strafrecht

Soweit heimliche und dauerhafte Aufzeichnungen von Vorgängen im öffentlichen Verkehr, welche identifizierbare Personen enthalten, als rechtswidrig angesehen werden kann, führt dies im Strafrecht zu einem Beweiserhebungsverbot. Dabei darf nicht verkannt werden, dass im Strafverfahren Beweiserhebungsverbote grundsätzlich nicht zum Beweisverwertungsverbot führen. Lediglich in wenigen Ausnahmefällen führt die nicht rechtmäßige Beweisgewinnung (Beweiserhebungsverbot) zu gerichtlich nicht verwertbaren Erkenntnissen (Beweisverwertungsverbot). Das Gericht hat daher in der Regel eine Abwägung zwischen dem Strafverfolgungsinteresse des Staates und den Grundrechten des Beschuldigten vorzunehmen.

So entschied im Strafprozess das AG Nienburg (Az.: 4 Ds 520 Js 39473/14) zu Gunsten der Strafverfolgung. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Angeklagten habe hinter den Interessen der Strafverfolgung zurückzutreten. Dabei handelte es sich um eine anlassbezogene Aufzeichnung eines Zeugen und dem Angeklagten drohte eine empfindliche Freiheitsstrafe.

Fazit – Strafprozess

Im Ergebnis bleibt die Frage der Verwertbarkeit einer konkreten Einzelfallabwägung vorbehalten. Dabei wird die Abwägung zwischen den Beschuldigenrechten und dem aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden  Legalitätsprinzip und somit dem Strafverfolgungsanspruch des Staates vorgenommen.

Verwertbarkeit der Aufzeichnungen von Dashcams im Zivilrecht

Auch im Zivilrecht führen rechtswidrige Aufzeichnungen grundsätzlich nicht zum Beweisverwertungsverbot. Eine einzelfallbezogene Individualabwägung ist daher auch im Zivilprozess erforderlich. Die Abwägung erfolgt zwischen dem jeweiligen Gewicht der Verletzung des Persönlichkeitsrechts sowie deren Intensität in Bezug auf Eingriffsdauer und Verletzungstiefe gegenüber der persönlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Interessen der anderen Partei.

Teilweise wird eine Verwertbarkeit der Aufzeichnung damit begründet, dass im Zivilprozess ein überragendes Interesse an der Wahrheitsfindung bestünde und daher die vergleichsweise geringfügige Beeinträchtigung des Prozessgegners zurücktreten müsse. Die Rechtsprechung ist diesbezüglich bisher uneinheitlich. Das AG München zum Az.: 343 C 4445/13 verwertete die Aufzeichnungen mit dem Argument, es handele sich bei den Aufzeichnungen um eine Annäherung an Urlaubsfotos. Eine andere Abteilung des AG München zum Az.: 345 C 5551/14 verwertete die Aufzeichnungen einer Dashcam bei einem Verkehrsunfall nicht, da das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt sei, welches gegenüber dem Beweiserhebungsinteresse nicht deutlich nachrangig sei. Ausnahmen sollen dabei grundsätzlich möglich sein, wenn zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine spätere Beweisführung erforderlich sein wird (anlassbezogene Aufzeichnungen).

Fazit – Zivilprozess

Grundsätzlich hat der Videoverwender einen Anspruch darauf, solche Aufzeichnungen in den Prozess einzuführen (rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs.1 GG). Die Frage, ob das eingeführte Beweismittel zur Urteilsfindung verwertet werden kann, ist eine nachgelagerte. Hier ist eine Abwägung zwischen dem Justizgewährungsanspruch als Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehörs und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf Grundlage des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände vorzunehmen.

Ergebnis

Die Frage der Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen lässt sich im Ergebnis nicht pauschalisieren, wird aber in Zukunft durch die erwartete Zunahme an Rechtsprechung konkretisiert werden. Die Ausgestaltung der einzelnen Kriterien zur Abwägung bleibt zur Zeit dieser vorbehalten. Sollten Sie Fragen über die konkrete Verwertbarkeit der Aufzeichnungen im Strafrecht oder Zivilrecht haben, zögern Sie bitte nicht, anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Der Rechtsanwalt für Verkehrsrecht oder Strafrecht kann etwa die Erfolgsaussichten der Verwertbarkeit abschätzen und Sie diesbezüglich ausführlich beraten.

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