Dem Kläger wurde nach einer einmaligen Autofahrt Cannabiseinfluss die Fahrerlaubnis entzogen, weil er nicht in der Lage sei, zwischen gelegentlichem Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen. Der VGH München hat entschieden, dass die Fahrerlaubnis nach einmaliger Fahrt unter Cannabiseinfluss ohne Vorliegen eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht zu entziehen ist.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 25.04.2017, Az.: 11 BV 17.33
Am 28. April 2014 stellte die Polizei bei einer Verkehrskontrolle fest, dass der Kläger, der das Kraftfahrzeug führte, 1,7 Gramm Marihuana bei sich trug. Hierzu gab der Kläger an, er habe ca. 45 Minuten zuvor „einen kleinen Joint“ geraucht. Aus der entnommenen Blutprobe wurden mittels Gutachten 3,7 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC), 55,2 ng/ml THC-Carbonsäure (TCH-COOH) und 1,9 ng/ml 11-Hydroxy-THC (11-OH-THC) festgestellt.
Mit Bußgeldbescheid vom 23. Mai 2014 verhängte die Bußgeldstelle gegen den Kläger wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit nach §24a Abs. 2 und 3 STVG eine Geldbuße und ein Fahrverbot. Von der Verfolgung des Vergehens nach § 29 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) sah die Staatsanwaltschaft München II nach § 45 Abs. 2 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) i.V.m. § 109 Abs. 2 JGG ab.
Dennoch war die Angelegenheit für den Kläger damit noch nicht beendet! Das Landratsamt hörte den Kläger zunächst wegen der Fahrt unter Cannabiseinfluss an. Mit Bescheid vom 4. Dezember 2014 ordnete das Landratsamt die Entziehung der Fahrerlaubnis sowie die Vorlage des Führerscheins innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheids an. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei nach § 11 Abs. 7 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er gemäß Nr. 9.2.1 und 9.2.2 der Anlage 4 nicht in der Lage sei, den Konsum von Cannabis vom Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen.
Gegen den Bescheid vom 04. Dezember 2014 erhob der Kläger Widerspruch. Auf den Widerspruch des Klägers erfolgte am 18. März 2015 der abweisende Widerspruchsbescheid.
Die Klage gegen den Bescheid vom 04. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2015 blieb vor dem Verwaltungsgericht München ohne Erfolg.
Die Berufung des Klägers vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hatte jedoch Erfolg. Der Kläger ist zwar gelegentlicher Cannabiskonsument und hat den Konsum von Cannabis einmal nicht vom Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt. Damit steht aber nicht fest, dass er ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Behördenentscheidungen sind daher aufzuheben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Entstehungsgeschichte der einschlägigen Bestimmungen der Fahrerlaubnis-Verordnung, dass das Landratsamt zuerst darüber hätte entscheiden müssen, ob eine medizinisch-psychologische Untersuchung des Klägers angeordnet wird. Es komme darauf an, ob aus dem Verhalten des Betreffenden der Schluss gezogen werden könne, dass er auch in Zukunft Fahren und Cannabiskonsum nicht trenne. Eine solche Beurteilung könne die Fahrerlaubnisbehörde im Regelfall – ebenso wie bei Alkoholfahrten – nur auf der Grundlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens treffen.
Rechtsanwalt Rothholz – Kanzlei für Verkehrsrecht in Berlin –berät und vertritt bei drohender Fahrerlaubnisentziehung.