Fahrereigenschaft durch Blitzerfoto / Radarfoto im Bußgeldverfahren – Identitätsfeststellung

Die Mindestanforderungen an die Urteilsgründe im Bußgeldverfahren werden im Rahmen von standardisierten Messverfahren zumindest dann gewahrt, wenn das Messverfahren mitgeteilt wird, das Messergebnis und zum Ausgleich etwaiger Messfehler Toleranzwerte im Urteil berücksichtigt werden (BGH NJW 1993, 3081, 2083).

In der Praxis bereitet die Feststellung der Fahrereigenschaft im Rahmen der Urteilsbegründung häufig Anknüpfungspunkte für eine Rechtsbeschwerde, die im Ergebnis durchaus aufgrund vielfacher Fehleranfälligkeit zur Aufhebung dieser Urteile durch das Oberlandesgericht (in Berlin durch das Kammergericht) führen kann.

Der Bußgeldrichter hat hinsichtlich der Feststellung der Fahrereigenschaft in der Urteilsbegründung grundsätzlich zwei Möglichkeiten:

1)Der Tatrichter verweist nicht, bzw. nicht prozessordnungsgemäß auf das Beweisfoto. In diesem Fall müssen die Ausführungen im Urteil zur Bildqualität und der abgebildeten Person oder jedenfalls mehrerer charakteristischer Identifizierungsmerkmale so präzise erfolgen, dass dem Rechtsmittelgericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wird. Hat der Tatrichter daher nicht auf das Beweisfoto verwiesen, bedarf es einer (kaum zu leistenden) präzisen inhaltlichen Beschreibung des Bildes (BGH, Az.: 4 StR 170/95). Diese Alternative kann in der Praxis häufig zur Aufhebung des Urteils führen.

2)Der Tatrichter verweist in den Urteilsgründen gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG auf das in der Akte befindliche Foto und nimmt hierauf Bezug. Dadurch wird das Lichtbild Bestandteil der Urteilsgründe. Soweit der Tatrichter von dieser Alternative Gebrauch macht, differenzieren sich die Anforderungen an die Urteilsbegründung je nach Qualität des Fotos.

Ist das Lichtbild nach Inhalt und Qualität zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet (Lichtbild guter Bildqualität), so sind weitere Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich (KG Berlin, Az.: 162 Ss 71/12). Eines Sachverständigen-Gutachten zur Frage, ob der Betroffene der auf dem Tatfoto abgebildete Fahrzeugführer ist, bedarf es in solchen Fällen regelmäßig nicht.

Soweit das Blitzerfoto von schlechter Bildqualität ist, stellt sich die Überführung des Betroffenen als überaus schwierig dar. Schließlich muss der Richter seine Überzeugung anhand nachvollziehbarer Kriterien gewinnen. Hierzu gehört ein Messbild, das geeignet ist, den Betroffenen überhaupt zu erkennen. Problematisch wird dies, wenn Gesichtszüge des Fahrers unscharf zu sehen sind, klare Konturen von Nase, Mund und Augen nicht erkennbar sind, die Stirnpartie sowie der Haaransatz durch den Rückspiegel verdeckt werden. In diesem Fall muss der Bußgeldrichter zur Identitätsfeststellung konkret darlegen, warum es ihm gleichwohl möglich gewesen ist, den Betroffenen als Fahrzeugführer zu erkennen. Hierzu müssen Ausführungen zur Bildqualität erfolgen und die charakteristischen Merkmale der abgebildeten Person, die für die Überzeugungsbildung bestimmend waren, genau dargelegt werden (OLG Düsseldorf, Az.: 4 RBs 29/11). Dabei sind die Anforderungen an die Begründung umso höher, je schlechter die Qualität des Fotos ist. Ein Abgleich zwischen der auf dem Messfoto abgebildeten Person und dem Betroffenen kann daher je nach Bildqualität nahezu unmöglich sein, wenn die Ergiebigkeit des Fotos aufgrund von der Bildqualität, insbesondere der Bildschärfe, keine präzise Beschreibung der abgebildeten Person oder jedenfalls keine Identifikationsmerkmale in ihren charakteristischen Eigenschaften aufweist.

Sollte ein anthropologischen Vergleichsgutachten eingeholt werden, muss beachtet werden, dass dies kein standardisiertes Verfahren darstellt, sondern lediglich die subjektive Meinung eines dafür besonders geschulten Sachverständigen beinhaltet. Im Urteil muss deshalb dargelegt werden, auf welche übereinstimmenden metrischen und deskriptiven Körpermerkmale sich der Sachverständige gestützt hat (OLG Brandenburg, Az.: 53 Ss-OWi 278/15). Auch für diesen Fall müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Belegfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Wiederum hängt die Ergiebigkeit entscheidend von der Bildqualität, insbesondere der Bildschärfe ab.

Fazit

Die Frage zur Feststellung der Fahrereigenschaft durch ein Blitzerfoto / Radarfoto gestaltet sich in der Praxis häufig problematisch. Die Ansprüche an die Identifizierung sind je nach Bildqualität unterschiedlich. Sollten Sie einen Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid erhalten, zögern Sie nicht, anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Diesbezüglich sollte bevorzugt ein Rechtsanwalt mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Verkehrsrecht herangezogen werden. Dieser kann neben der eingehenden Prüfung des Bußgeldbescheides auch ausführlichen Rat hinsichtlich der Feststellung der Fahrereigenschaft geben.

Treten Sie mit Rechtsanwalt Rothholz – Kanzlei für Verkehrsrecht und Strafrecht – in Kontakt.